Nach den Terror-Anschlägen am 11. September 2001 in den USA...

...hatte ich folgenden Text an den Anfang meiner homepage gestellt:

Auch wenn sicher niemand wirklich Maßgebliches dies liest, sehe ich mich veranlaßt, folgendes so öffentlich zu machen, wie es mir möglich ist:

Der Terroranschlag in den USA vom 11.9.01 ist so pervers, daß ich mir kaum eine schrecklichere Tat vorstellen kann.
Daß die Verantwortlichen wenn irgend möglich gefaßt und bestraft werden müssen, versteht sich von selbst.
Dennoch ist nach meiner Ansicht die einzig sinnvolle Möglichkeit, auf solch einen Anschlag zu reagieren, NICHT zurückzuschlagen und KEINE Vergeltung zu üben.
Der Anschlag ist schlimm genug; schlimmer wäre es, nun eine Spirale der Gewalt in Gang zu setzen.
Man wird durch Zurückhaltung genausowenig wie durch "Härte" zukünftige Sicherheit bieten können.
Durch das Herabsteigen auf die Ebene der Terroristen, durch Antworten mit Gewalt und durch das Inkaufnehmen weiterer unschuldiger Opfer jedoch wird eine Gewaltspirale in Gang gebracht werden, wie sie diese Welt noch nicht erlebt hat, und die Chance vertan, auch noch so grausame Taten als partielle Ereignisse stehen zu lassen, die dem Lebewesen Menschheit Verletzungen zufügen können, die aber nicht die Macht haben, seine endgültige Zerstörung zu beginnen.
Auch wenn wir selbst solche wahnsinnigen Taten und die daraus resultierenden Verletzungen nicht verhindern können, auch wenn wir Ohnmachts- und Rachegefühle haben - hüten wir uns, der einsetzenden Spirale aus welchen Gründen auch immer Schwung zu geben.
Widersprechen wir lauthals allen, die weitere Gewalt und Rache fordern!

Sigurd Röhrig am 12/09/2001

Knapp 2 Wochen später ergänzte ich folgendes:

...und als Ergänzung:
es gibt Alternativen zur Gewalt!

Wer sich weiter informieren möchte über gewaltfreie Konfliktbewältigung oder auch aktuelle Arbeit anläßlich der Anschläge in den USA, sei verwiesen an zwei Organisationen, die seit vielen Jahren nicht nur gegen Gewalt sind, sondern friedliche Alternativen konstruktiv und aktiv erarbeiten und propagieren:

  1. Eirene
    Postfach 13 22
    56503 Neuwied
    Tel. (0 26 31) 83 79-0
    und
  2. Ohne Rüstung Leben
    Arndtstraße 31
    70107 Stuttgart
    Tel:: 0711-60 83 96
    Fax: 0711-60 83 57

Eirene ist dabei die Organisation, die eher entwicklungspolitisch arbeitet, ORL engagiert sich speziell gegen Rüstung, Landminen etc.
Bei ORL gibt´s auch einen Musterbrief, den man an wichtige Entscheidungsträger in Deutschland verschicken kann, sowie entsprechende Adressen.
Beide Organisationen sind christlich verwurzelt.
ORL hat leider - im Gegensatz zu Eirene - noch keine eigene homepage, daher geht der entsprechende link zu einer fremden Seite, auf der über ORL informiert wird.

- Auch im Internet sind viele Aktivitäten zu verzeichnen, von den (mir stets suspekten, so honorig ihr Anliegen auch sein mag) Kettenbriefen bis hin zu Solidaritäts- und Kondolenzadressen.
Wer den Aufwand eines "echten" Briefes scheut, kann unter www.9-11peace.org auch eine Petition online unterzeichnen oder e-mail-Adressen wichtiger Entscheidungsträger erfahren.
Vermutlich kann man gar nicht oft und massiv genug deutlich machen, daß so viele Menschen KEINE Gewaltanwendung befürworten, und den Politikern zeigen, daß sie nicht bei allen fragwürdigen Entscheidungen mit unserer Solidarität rechnen können.
(24/09/01)

Das ganze hatte sich spätestens mit den ersten Bombardements auf Afghanistan am Sonntag, den 7. Oktober, von denen ich in meinem Urlaub auf Kos hörte, erledigt.

Nach meiner Rückkehr aus den Herbstferien ersetzte ich obige Texte durch den nachfolgenden Absatz:

Liebe Besucher dieser homepage,

vielleicht haben einige von Ihnen mein statement zur Lage nach den Attentaten vom 11. September an dieser Stelle gelesen.

Es ist mittlerweile Makulatur - die Spirale der Gewalt dreht sich stärker.
Die Mahnung ist - wie befürchtet und wie die Mahnungen zahlreicher anderer - unbeachtet verhallt.

Stattdessen nun folgendes:

An dieser Stelle distanziere ich mich - von allen terroristischen Gewalttaten, aber auch von allen militärischen Aktionen, die in meinem Namen oder mit praktischer oder moralischer Unterstützung meiner Regierung begangen werden.
Sie werden entgegen meinem ausdrücklichen Willen begangen.
Ich fordere die sofortige Einstellung aller Handlungen, die die Gefahr bergen, daß durch sie unschuldige Menschen ihr Leben verlieren.

Ich befürworte nicht, die "Hände in den Schoß zu legen", sondern fordere, endlich alle Möglichkeiten gewaltfreier Konfliktbewältigung massiv anzuwenden, zu fördern, zu unterstützen, zu propagieren und auf allen Ebenen zu fordern.

Selbstverständlich - das ist vermutlich nicht einmal erwähnenswert - müssen parallel dazu alle rechtsstaatlichen Mittel eingesetzt werden, die Verantwortlichen für die Terrorakte in den USA vor ein ordentliches Gericht zu stellen.

Sigurd Röhrig am 19/10/2001

Die bisher an dieser Stelle vorzufindenden statements finden Sie hier dokumentiert.
Sie finden dort auch auch Informationen über Möglichkeiten, sich aktiv für gewaltfreie Konfliktbewältiguzng einzusetzen, insbesondere links zu den Organisationen "Ohne Rüstung leben" und "eirene".
Für umfassende Informationen - überwiegend leider das derzeit allgemein gebräuchliche und den Krieg verharmlosende Vokabular verwendend und nur selten die allerseits angenommenen "Sachzwänge" in Frage stellend - empfehle ich den Spiegel. Hier ein link zu einem kurzen (leider nicht beispielhaften) Essay eines amerikanischen Politologen.
(Ich bitte Bill Watterson um Verzeihung für das ungenehmigte Verwenden seines Calvin&Hobbes-Strips.)

"Dies ist nicht mein Krieg, Herr Schröder!"

Unter diesem Motto gibt es derzeit - und nur kurz - eine Unterschriften-Aktion von "Ohne Rüstung Leben".
Dort heißt es u.a.: "...wir stimmen mit Ihnen überein, daß der Terrorismus bekämpft werden muß und die Verantwortlichen für die Anschläge von New York und Washington zur Verantwortung gezogen werden sollen.
Dieses Ziel heiligt für uns aber nicht die Anwendung aller Mittel. Mit Bomben und Bodentruppen wird noch mehr Not und Elend angerichtet: weitere Menschen werden getötet, verletzt oder zur Flucht gezwungen. Neuer Hass wird gesät, der den Nährboden für zukünftige Gewaltakte bildet."

Die kompletten Informationen und die Unterschriften-Listen können Sie anfordern bei Ohne Rüstung Leben, Arndtstr. 31, 70197 Stuttgart, Tel. 0711/60 83 96, mail orl@gaia.de

26/10/2001

Das nächste "update" erfolgte am 11/11/2001 in Form einer Zitatensammlung:

Nur eines ist sicher: Wer so vorgeht wie jetzt die Amerikaner in Afghanistan, der sorgt nicht für eine Eindämmung von Terror – sondern fördert seine Ausbreitung.
Wer ein bitterarmes Land in Schutt und Asche legt, ohne große Rücksicht auf eine Zivilbevölkerung, die Hunger leidet und schutzlos dem harten Winter ausgesetzt sein wird, der darf sich nicht wundern, wenn sich die Stimmung gegen ihn zu kehren beginnt.

Rudolf Augstein, Herausgeber "Der Spiegel"

Jede unschuldige Person, die getötet wird, muß hinzugezählt werden, nicht verrechnet mit der entsetzlichen Zahl der in New York und Washington gestorbenen Zivilisten."

Arundhati Roy, indische Schriftstellerin

"Die westliche Welt, die die Anschläge vom 11. September als einen Angriff auf die Zivilisation bezeichnet, hätte als zivilisierte Welt die Lösung nicht in der Bombadierung Afghanistans suchen sollen."

Bahman Gobadi, kurdischer Filmregisseur ("Zeit der trunkenen Pferde")

"...schließt die Solidarität mit den USA nicht auch die Verantwortung mit ein, den Verbündeten auf die strategische Fehleinschätzung hinzusweisen?"

Cithia D. Maaß, Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin

"...warum laßt ihr euch solchen Schwachsinn vorsetzen, wo ihr euch doch nur selber kontrolliert und die Gefahr in erster Linie von außen kommt?"

Kommentar eine USA-Bürgers zu den "sicherheitspolitischen" Plänen Otto Schilys

"Sollen wir künftig mit Gummihandschuhen zur Wahl gehen, um das Wahlgeheimnis zu wahren?"

Dietrich Kittner, Österreich, zu den Plänen der Bundesregierung, Fingerabdrücke in die Ausweispapiere aufzunehmen und zentral zu speichern

Am 19/11 dann folgendes:

Was ist Krieg?

Krieg ist das, was derzeit (unter anderem) in Afghanistan stattfindet.

Ich verurteile die Terrorakte in den USA am 11. September (man muß das offensichtlich stets neu betonen).
Aber ich bin entsetzt über das Vorgehen der USA und ich schäme mich für meine Regierung, die mittlerweile wieder den Krieg für ein legitimes politisches Mittel und es für selbstverständlich hält, Menschenleben für (womöglich hehre) Ziele zu opfern.

Krieg kann nie ein sinnvolles Mittel sein* - aber Krieg verursacht immer großes Leiden und erzeugt weiteren Haß.

Sigurd Röhrig

*Nein, die Alternative zum Krieg ist es nicht, "nichts" zu tun, wie es scheinheilig oft unterstellt wird. Und die Diskussion, welche Alternative zum Krieg man wählt, macht Sinn - nicht die Diskussion, ob Krieg oder nicht!

Am 2/12 schließlich habe ich die Infos zum Thema auf einen kleinen Hinweiskasten mit dem link auf diese Seite beschränkt, wo sämtliche statements und links vorerst stehen bleiben werden.
Vielleicht finde ich demnächst einen Weg, diese Seite sinnvoller in die Homepage zu integrieren.

Das Thema selbst hat sich damit nicht erledigt - im Gegenteil: es bleibt aktuell, und ich bezweifle, daß lange Grund bleibt, sich über scheinbare Siege auf militärischen Schlachtfeldern zu freuen.

Nach wie vor steht das Gästebuch offen für Meinungen.
Die ORL-Aktion "Dies ist nicht mein Krieg, Herr Schröder!" läuft noch bis Mitte Januar weiter.
Es gibt immer wieder Mut machende Meinungen zu hören und zu lesen (z.B. das Interview mit dem Pianisten Herbie Hancock im Spiegel 48/2001).

Lassen wir uns nicht vereinnahmen und lassen wir uns nicht von Schein-Logik überrumpeln ("wer nicht für uns ist, ist gegen uns!"). Sagen wir weiterhin unsere Meinung!

Sigurd Röhrig am 2/12/2001


© Sigurd Röhrig, Musikpädagoge (DTKV), D-26931 Butteldorf 1, Tel.(04485) 420-763,
internet: www.ohrenzauber.de

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