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"OHRENZAUBER" in St. Marien
- Gedanken zu den Musikstunden im katholischen Kindergarten in Hude, veröffentlicht in der "Kindergartenzeitung" zum 10-jährigen Jubiläum der Einrichtung im Februar 2003.
"Ist denn heute Sigurd?"
Nein, es ist nicht "Sigurd" - es ist Mittwoch, und heute finden die Musikkurse statt im Kindergarten St. Marien.
Seit - eben habe ich nachgeschaut: tatsächlich - Sommer 1998 schon komme ich einmal in der Woche in den katholischen Kindergarten in Hude.
"Kontinuität und Bewegung" - so erlebe ich die Einrichtung, wenn ich morgens komme.
Immer wieder ist die halbe Eingangshalle neu dekoriert (und natürlich sind wieder ein paar der Sitzpodeste fest eingebaut, so daß die Kinder ihre Stühle mit zum Kurs bringen müssen...), macht auf ein Thema aufmerksam, wird bevölkert von Kindern, Erzieherinnen, Eltern.
Und vieles ist konstant geblieben, seit ich den Kindergarten kennenlernte: die Gruppen kommen botanisch daher, das Mitarbeiterzimmer wird aus- und wieder eingeräumt (und wieder aus und wieder ein: aber das hat ja hoffentlich bald ein Ende, wenn der lange ersehnte Mehrzweck-/Therapie-/Ausweichraum tatsächlich Realität wird).
In festen Gruppen wird gearbeitet, aber nicht "geschlossen" (als Gegensatz zu "offen"). 
Wand an Wand mit dem Büro wird musiziert, "schichtweise" in drei Gruppen um 9, 10 und 11 Uhr, wobei die Schichten wechseln wie im "richtigen Arbeitsleben".
Kurs 94 hat heute Frühschicht; die Kinder warten schon vor der Tür, wenn ich viel zu schleppen habe und entsprechend knapp vor Beginn der Musikstunde eintreffe.
Spätestens beim "Musikantenlied" fünf Minuten später, so sehe ich es zumindest vor meinem geistigen Auge, fällt die Leiterin der Einrichtung, Petra Ahrens, nebenan das erste Mal an diesem Tag vom Stuhl, und ich nehme mir vor, mal wieder den Unterschied zwischen "laut singen" "schreien" in diesem Kurs zu thematisieren...
Geschichten werden erlebt in diesem Schichtbetrieb, hauptsächlich jedenfalls.
Wir sind auf Spurensuche (ich würde gerne miterleben, wie die Eltern erstaunt registrieren am Mittag, daß die Spuren im Schnee - von Auto, Fahrrad, von Stiefeln und Hunden - plötzlich für ihr Kind von wissenschaftlichem Interesse geworden sind).
Wir fliegen mit dem "Miskodil" über Hude (Klosterruine und Eisdiele, Kirchturmspitze und Mückenschwarm von vorne), zur Küste, übers Meer (Schatz- und Pirateninseln, Haie, Schiffe und Hubschrauber) bis zur Seeräuberfestung auf Taka-Tuka-Land. Und natürlich wird die Fahrt anschließend mit dem Buntstift protokolliert.
Und wir zaubern: Kopfschmerzen und Schluckauf weg und geheimnisvolle Zeichen hin - und lassen uns anschließend den vorher verzauberten Apfel schmecken, der vom Zauberer auf wundersame Art unter der unbeschädigten Schale in 10 gleich große Teile geschnitten wurde: genau eines für jeden Zauberlehrling.
Keines der Kinder erfährt, daß es beim Lesen der Spuren kennengelernt hat, wie die Umsetzung von Notenschrift in musikalische Aktion funktioniert, daß es beim Geräusch des Miskodils um hohe und tiefe Töne geht, und das Spiel auf dem Tambourin dient nur der Geräuschkulisse der Geschichte um den verzauberten Apfel.
Auf dem Elternabend erst, der manchmal wegen mangelndem Interesse ausfällt, dann aber wieder ein gesellschaftliches Ereignis zu sein scheint, erfahren die interessierten Eltern, was es mit den Erzählungen ihrer Kinder so auf sich hat. Und können nachfühlen, wie aufregend so eine Musikstunde sein kann, wenn man sich darauf einläßt.
Die Eltern: begleiten und unterstützen - wie auch das Team - wohlwollend die musikalische Arbeit in der Kita.
Erstere "gönnen" ihrem Kind das Musizieren, melden an, informieren sich, tragen schließlich die Kosten.
Das Team nimmt die allwöchentliche Unterbrechung des Tagesablaufs in Kauf, schleppt Möbel, schickt die Kinder pünktlich "zur Schicht" und kooperiert inhaltlich (wie übrigens auch die Ergotherapeutin Ute Stark, wenn's drauf ankommt - sie ist ja auch mittwochs im Haus).
Danke an dieser Stelle Eltern und Kolleginnen für die angenehme Zusammenarbeit!
Viel gäbe es noch zu erzählen - dies soll als kleiner Einblick reichen.
Glückwünsche also auch von mir an die Einrichtung - für 10 Jahre "Kindergarten St. Marien".
Und auf weitere gemeinsame gute Zeiten!
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